von Wesna

FLOW… mein magischer Weg zur Kreativität

Ich erinnere mich lebhaft daran, wie ich vor vielen Jahren das erste Mal ein paar Tage ganz alleine war, weil das Tochterkind mit dem Papa übers Wochenende ans Meer fuhr. Ich habe mich in mein Atelier verdrückt und starrte auf die Leinwände, die ich schon lange fertig malen wollte, aber bis dahin irgendwie keine neuen Ideen dafür fand. Wie seltene Muscheln inmitten eines Kieselstrandes starrten sie mich an und ich dachte an das Picasso Zitat:

„Die Inspiration existiert, aber sie muss dich bei der Arbeit finden.“

Pablo Picasso
Pablo Picasso

Ohkey!! Nur, ich hatte aber eben diese Inspiration gerade nicht und der Druck meine gewonnene Freiheit zu nutzen, um meine Werke zu beenden, half mir auch nicht weiter. Ich versuchte es zuerst mit Lüften, dann mit dem Aufdrehen meiner Tori Amos CD, danach mit dem Sortieren meiner Farben und Pinsel und letztendlich mit einem Glas Crémant, das ich mir zur Feier des Tages gönnte. Ich prostete mir selber zu aber… nichts passierte. Keine Inspiration stellte sich ein. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte oder mich einfach ins Bett legen.

Tori Amos

Ich beschloß, im Atelier zu bleiben und erstmal nur Musik zu hören. Tori sang „…but I can`t see New York, and you said you would find me here…“, ich grübelte, ob dieser Songtext (es war 2003) etwas mit dem World Trade Center zu tun haben könnte und dabei fing ich an ein paar große Papierbögen aus der Schublade zu kramen, um neu anzufangen, drückte nebenher etwas Kobaltblau aus einer Tube auf meine Palette, tunkte den Pinsel ins Wasserglas, tunkte denselben ins Kobaltblau und begann im Rythmus der Musik konzentriert Linien auf den ersten Bogen zu malen der auf dem Boden lag.

Über dem riesigen Papierbogen tänzelte ich nun barfuß mit meinem Pinsel umher und fühlte mich ein wenig wie Helen Frankenthaler, die immer irgendwie in oder vor ihren raumübergreifenden Bildern fotografiert wurde und in mir so die Vorstellung verankerte, dass sie in ihnen lebte und niemals aus dem Haus ging. Ich musste über mich selbst schmunzeln. Seufzte, malte weiter, folgte mit dem Blick der kobaltblauen Linie…Ich lies mich in den Augenblick fallen. Fast so wie Helen fiel auch ich irgendwie in meine Bilder hinein. Und der Rest der Welt, der fiel von mir ab.

Ich habe wenig bis keine Erinnerung daran, was genau in den nächsten 3 Tagen geschah. Ist auch zu lange her könnte man sagen, aber dass etwas geschah bewiesen mir damals die vielen Werke die ich gemalt hatte, der volle Aschenbecher, das ungeduschte Selbst. Selten war ich so produktiv und selten habe ich so vollkommen Zeit und Raum vergessen über so einen langen Zeitraum am Stück. Ich war so im Flow, dass ich vergaß zu schlafen, zu essen und ziemlich überrascht war, als die Family sich telefonisch wieder ankündigte.

Die meisten Bilder aus dieser einen Session  füllten die Hälfte meiner Mappe, mit der ich mich später an der Kunsthochschule Berlin Weißensee bewarb. Ich wurde angenommen und war mächtig stolz. Aber in diesem Blogpost geht es nicht um Stolz, sondern um den Zauber, die Magie, das Wunder…das Vergessen der Zeit, das Glück von FLOW.

FLOW kommt aus dem englischen und bedeutet Fluss, Fließen, Rinnen…Im deutschen gibt es die Begriffe Tätigkeitsrausch oder Funktionslust, die allerdings im täglichen Sprachgebrauch so gut wie nie vorkommen, was wohl mit dem offensichtlichen Widerspruch zwischen sperrigem Wortklang und der Bedeutung zu tun hat. In der Psychologie beschreibt Flow einen als entspannend, erfreulich und beglückend empfundenen Zustand der Vertiefung in eine Tätigkeit die scheinbar „von selbst“ vor sich geht.

Nach dem Glücksforscher Mihály Csíkszentmihályi der das FLOW-Erleben intensiv erforschte (1975) und welchen ich wiederum in meinem Studium wiederum intensiv erforschte, bedingt FLOW das Gefühl der Kontrolle über eine Tätigkeit jenseits von Angst und Langeweile, die in scheinbarer Mühelosigkeit gelingt. Handeln und Bewusstsein verschmelzen, Zeit und Raum bzw. ein Außen existieren nicht mehr. Die Tätigkeit belohnt sich selbst und bleibt durch eine äussere Beurteilung (Belohnung) unberührt.

Ein gutes Beispiel für Arbeiten im FLOW ist die Meditationsmalerei, die ich Dir in einem späteren Blogpost genauer vorstellen werde. Das Ziel dieser Methode ist es, in Deinen Flow zu gelangen. Die daraus gewonnene Entspannung ist ein Grundbaustein zur Entdeckung Deiner Ressourcen und damit Deiner Selbstwirksamkeit.

FLOW ist ein Zustand, in dem Du Dich ganz auf Dich selbst verlassen kannst, Dein Ego fällt ab. Du kannst ihn nicht künstlich hervorbringen, aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass eine gute Zutat das “ am Ball bleiben“ ist, dadurch schaffst Du es, einzutauchen in eine Aktivität, und das wiederum führt zu FLOW. Sich einlassen, loslassen und machen. Und so schließt sich der Kreis an dieser Stelle:

Die Inspiration existiert, aber sie muss dich bei der Arbeit finden.

Wenn Du mehr über FLOW erfahren möchtest, empfehle ich DIESES das Buch von Mihály Csíkszentmihályi.

Das FAZ sagt über dieses Buch: „Flow … Prozeß des völligen Aufgehens im Leben, des Einswerdens mit einer Tätigkeit, neben der alle anderen bedeutungslos sind. Der Mensch, der Flow erlebt, geht wieder und wieder einer solchen Beschäftigung um ihrer selbst willen nach.“

Liebe grüße aus dem Atelier,

Unterschrift Blog

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